Biotechnologische Erzeugung von hochwertigen Aromastoffen aus Nebenströmen der Lebensmittelindustrie

Vortrag von Matthias Rheinheimer, 20.03.2012

Autoren

M. Rheinheimer, S. Schimanski, U. Krings und R. G. Berger

Naturwissenschaftliche Fakultät der Leibniz Universität Hannover, Institut für Lebensmittelchemie, Callinstraße 5, D-30167 Hannover

Kurzfassung

Die wachsende Vorliebe der Verbraucher für natürliche Aromen führt zu einer zunehmenden Nachfrage [1], die durch pflanzliche Rohstoffquellen allein nicht mehr ausreichend gedeckt werden kann. Alternativ können natürliche Aromastoffe im Sinne der EG-Aromenverordnung 1334/2008 auch mit biotechnologischen Verfahren aus geeigneten Prekursoren hergestellt werden. Die Verwertung von preiswerten Nebenströmen der Lebensmittelindustrie als Substrat für die mikrobielle Umsetzung verspricht in diesem Zusammenhang den Zugang zu neuartigen, natürlichen Aromastoffgemischen. Eine aussichtsreiche Kombination stellt die Kultivierung von höheren Pilzen (Basidiomyceten, Ascomyceten) auf diesen Substraten dar, da höhere Pilze über ein pflanzennahes biochemisches Potential verfügen und vielfach GRAS-Status (Generally Recognized As Safe) besitzen [2].

In Vorversuchen wurden Weißkohl-Abschnitte und Raps-Presskuchen exemplarisch ausgewählt und in einem Screening mit 32 Pilzstämmen kombiniert. Die submersen Kulturen wurden regelmäßig olfaktorisch bewertet, Stamm/Substrat-Kombinationen mit interessanten Geruchseindrücken extrahiert und mit GC O/FID und GC-MS charakterisiert. Fomitopsis rosea fiel auf Rapspresskuchen durch einen vielseitig fruchtigen „Aroma-Cocktail“ auf, in dem unter anderem 2-Acetyl-5-methylfuran, Methylbenzoat und Furaneol identifiziert wurden. Paecilomyces farinosus bildete auf Rapspresskuchen Noten von geräuchertem Schinken und Nelkenblüte. Diesem Aroma konnte 4-Vinylguajacol zugeordnet werden, welches durch Decarboxylierung exogener Ferulasäure gebildet wurde. Das Produkt könnte als kalt erzeugtes Raucharoma Verwendung finden, welches herstellungsbedingt im Gegensatz zu konventionellem Raucharoma frei von kanzerogenen polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) ist.

Zur Abschätzung des biotechnologischen Potenzials ausgewählter Stamm/Substrat-Kombinationen wurde ein Scale-up mit zwei unterschiedlichen Reaktorsystemen durchgeführt. Hierbei lag der Schwerpunkt auf der Bildungskinetik von Aromakomponenten, die on-line aus der Abluft adsorbiert und mittels TDS-GC-O/FID und TDS-GC-MS quantifiziert wurden.

Das Forschungsvorhaben AiF 299 ZN wurde im „Programm zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)“ vom BMWi (via AiF) über den Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI) gefördert. Wir danken dem Institut für Lebensmittelchemie und Lebensmittelbiotechnologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen für die gute Zusammenarbeit.

Literatur

[1] M. Güntert  (2007) The Flavour and Fragrance Industry – Past, Present and Future In Flavours and Fragrances (R.G. Berger, Ed.), Springer, Berlin, Heidelberg, 1-24

[2] K. Zelena, U. Krings, M. Rheinheimer, D. Linke, R. G. Berger: Systems Biotechnology for En-hanced Flavour Yields. 9th Wartburg Symposium on Flavor Chemistry & Biology 2010, Eisenach, Germany, Eds. Th. Hofmann, W. Meyerhoff, P. Schieberle, DFA 2011, 217-224.